STM-Galerie Sonderseite:
Aluminiumoxid - die Lösung eines alten Problems
In aller Kürze
In Zusammenarbeit zwischen unserer Arbeitsgruppe und der Gruppe von Georg Kresse an der Universität Wien konnte nun endlich die Struktur einer komplexen Oxidoberfläche geklärt werden. Das Verständnis dieser Struktur ist eine bedeutsame Grundlage für Anwendungen von Oxiden und insbesondere ultradünner Oxidschichten und war daher seit beinahe zwei Jahrzehnten Ziel zahlreicher Forschungsgruppen.
Das Bild unten zeigt die nun bestimmte Oberflächenstruktur (Sauerstoffatome sind rot, Aluminiumatome blau) vor dem Hintergrund eines STM-Bilds der Oberfläche (grau). Die Sauerstoffatome der obersten Atomlage erscheinen im STM-Bild heller, die Zwischenräume dunkel.
Die Ergebnisse wurde in SCIENCE veröffentlicht (G. Kresse, M. Schmid, E. Napetschnig, M. Shishkin, L. Köhler und P. Varga, Science Vol. 308, Number 5727, 3 June 2005, Seiten 1440-1442).
Hintergrundinformationen
Oxidoberflächen sind in der Technologie von vielfältiger Bedeutung.
- Katalysatoren sind meist Kombinationen von Metallen und Oxiden; die chemische Reaktion spielt sich an den Oberflächen ab, die Rolle der Oxide dabei ist noch weitgehend ungeklärt.
- Korrosion: Entscheidend für die Korrosion ist, ob sich eine geschlossene, undurchdringliche Oxidschicht bildet; wenn ja, ist die Metalloberfläche vor weiterer Oxidation geschützt (z.B. Aluminium).
- Extrem dünne Oxidschichten sind auch in der Halbleitertechnologie (Gate-Oxid von MOSFETs) und für die Entwicklung neuer Magnetsensoren für Harddisk-Leseköpfe wichtig (“Tunnel spin valves”, basierend auf Magnet-Tunnelwiderstand).
- Substratmaterial: Reine Aluminiumoxid-Kristalle (Saphir) werden als Substratmaterial in der Halbleitertechnologie eingesetzt, auch für diese Anwendung ist das genaue Verständnis der Oberfläche von hoher Bedeutung.
Während Metalle und Halbleitermaterialien und deren Oberflächen schon sehr gut erforscht sind, weiß man noch immer relativ wenig von Oxiden und deren Oberflächen. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die meisten Oxide Isolatoren sind und daher nicht mit den herkömmlichen Techniken, die auf geladenen Teilchen (Elektronen und Ionen) basieren, untersucht werden können. Ultradünne Oxide, die nur wenige Atomlagen dick (oder besser: dünn) sind, bieten einen Ausweg: diese dünnen Schichten sind noch ausreichend leitfähig und können daher relativ einfach experimentell untersucht werden.
Unsere Forschungsgruppe ist in Zusammenarbeit mit der Gruppe um Georg Kresse (Uni Wien) und einigen anderen internationalen Gruppen seit einigen Jahren bei der Erforschung ultradünner Oxidschichten auf Metallen führend. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde auch eine neue Klasse von Oxiden entdeckt, die nur als extrem dünne Schichten auf Metalloberflächen vorkommen und ein Zwischenstadium zwischen einzelnen auf dem Metall gebundenen Sauerstoffatomen und den seit langem bekannten dickeren Oxiden darstellen. Diese Oberflächenoxide bestehen nur aus wenigen Atomlagen, manchmal ist es auch nur eine einzelne Atomlage.
In einer neuen Arbeit wurde nun die seit langem gesuchte Struktur eines ultradünnen Aluminiumoxids auf der Nickel-Aluminium Legierungsoberfläche geklärt (Randbemerkung: Ni-Al Legierungen werden z.B. für Tubinenschaufeln von Flugzeugen verwendet). Diese NiAl-Oberfläche war seit langem dafür bekannt, dass sich bei der Oxidation eine geschlossene, gut geordnete Oxidschicht mit einer Dicke von nur 0.5 Nanometer Dicke ausbilden kann (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter, oder etwa 3 bis 6 Atomdurchmesser). Diese Oxid-Struktur wurde unter anderem für die Katalysatorforschung verwendet, allerdings war trotz intensiver Bemühungen zahlreicher Arbeitsgruppen ihre Struktur unbekannt, und daher war auch unbekannt, wie die Eigenschaften dieses Oxids zu erklären sind. Die Struktur dieses Oxids wurde nun in Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe um Georg Kresse und unserer Gruppe aufgeklärt.
Der Schlüssel zum Erfolg lag dabei in der intensiven Zusammenarbeit zwischen den beiden Arbeitsgruppen. Theoretische Vorarbeiten von G. Kresse gaben Aufschluss darüber, aus welchen Bildungseinheiten das Oxid besteht, und die Anordnung dieser Einheiten wurde dann von uns experimentell durch die Abbildung aller Sauerstoffatome in der Oberfläche bestimmt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Oberflächen von Oxiden anders aufgebaut sind, als das Volumen, also das Innere des Materials: Während das Volumen von Aluminiumoxid (Al2O3) aus hexagonalen dichtgepackten Sauerstofflagen besteht, zwischen denen die Aluminiumatome verteilt sind, ordnen sich die Sauerstoffatome an der Oberfläche in Dreiecken und Quadraten an. Die Aluminiumatome sitzen nicht unterhalb dieser Lage, sondern nur um den Bruchteil eines Atomdurchmessers tiefer. Es gibt klare Hinweise, dass reine Aluminiumoxid-Oberflächen, die ein wichtiger Bestandteile von vielen industriellen Katalysatoren sind, nach dem selben Muster aufgebaut sind. Die gefundene Struktur war zum Zeitpunkt unserer Entdeckung die weitem komplexeste aller bekannten Strukturen von Oxidoberflächen; wurde aber mittlerweile durch eine von uns zwei Jahre später untersuchte Aluminumoxidoberfläche übertroffen.
Es konnte auch die Struktur von Defekten in der Aluminiumoxidschicht aufgeklärt werden. Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Eigenschaften von Materialien vor allem durch ihre Defekte bestimmt werden. Korrosion und chemische Bindung mit anderen Materialien treten bevorzugt an Defekten auf.
Die englische Kurzfassung (Abstract) des Artikels in Science ist allgemein verfügbar; der komplette Artikel nur für Abonnenten von Science oder auf Anfrage per e-mail ([email address: lastname @ this server · enable javascript to see it]).
Diese Arbeiten wurden vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gefördert.